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Wenn Nervenzellen verkümmern

Spinale Muskelatrophie ist eine seltene Erbkrankheit. Unbehandelt sterben viele Säuglinge in den ersten Lebensjahren. Doch nun gibt es neue Medikamente, die Eltern Hoffnung machen.

Die kleine Franziska verhält sich seltsam, das fällt ihren Eltern schon bald nach der Geburt auf. Das Baby bewegt sich nur selten, kann Kopf und Füße nicht heben. Beim Atmen stößt es röchelnde Laute aus. Eine merkwürdige Schwere scheint sich auf das Kind gelegt zu haben. Die Eltern der kleinen Franziska gehen mit dem Baby zunächst zum Kinderarzt, der schickt sie zu einem Muskel-Spezialisten. Dieser findet schließlich heraus, woran Franziska leidet: An spinaler Muskelatrophie, Typ 1.

Bei dieser seltenen Erbkrankheit sorgt ein Fehler auf Chromosom 5q dafür, dass ein zur Versorgung der Muskelzellen wichtiges Eiweiß nicht gebildet werden kann. Die Nervenzellen im oberen Rückenmark können keine Signale mehr an die Muskeln des Körpers senden, die daraufhin zunehmend verkümmern. Babys mit der schwersten Erkrankungsform lernen meist nie den Kopf zu heben oder selbstständig zu sitzen. Da die Krankheit auch die Zwischenrippenmuskeln betrifft, die normalerweise den Brustkorb erweitern, ist der Brustkorb kleiner und schmaler als bei gesunden Kindern. Das Atmen fällt den Kindern schwer, oft müssen sie schon früh künstlich beatmet werden.

Babys können sich nicht bewegen

Bei Typ 1, auch infantile Form genannt, zeigt sich die Krankheit sehr früh, nämlich schon in den ersten sechs Lebensmonaten der Kinder. Im Gegensatz dazu treten Symptome der Muskelschwäche bei später einsetzender SMA, in den ersten Lebensmonaten oder -jahren ein. Erlernte Fähigkeiten wie Gehen und Stehen gehen dann wieder verloren. Unbehandelt sterben von Typ 1 der spinalen Muskelatrophie betroffene Kinder meist früh, da ihre Atmung versagt. Bis zur Einführung einer ursächlichen Behandlungsmöglichkeit galt die Krankheit als häufigste, genetisch bedingte Todesursache bei Säuglingen und Kleinkindern.

Etwa eins von 10.000 Kindern wird mit der Krankheit geboren. Das sind in Deutschland etwa 80 Kinder jedes Jahr. Die Krankheit wird autosomal-rezessiv vererbt, das heißt, dass beide Eltern bereits ein verändertes Chromosom 5q haben müssen, damit ein Kind die Krankheit bekommt. Deshalb fragt der Arzt meistens auch beim ersten Besuch, ob bereits eine Erkrankung in der Familiengeschichte beider Eltern bekannt ist, bevor er das Kind körperlich untersucht. Danach misst er unter anderem die Leitungsgeschwindigkeit der Nerven und der Muskeln, um den Grund für die Muskelschwäche herauszufinden. Um die Krankheit sicher zu diagnostizieren, ist eine genetische Untersuchung anhand eines Abstrichs aus dem Mund oder einer Blutuntersuchung nötig.

Neue Therapien

Da die Ursache der Krankheit ein Gendefekt ist, ist sie nicht heilbar. Seit kurzer Zeit gibt es aber Therapien gegen die Krankheit: Ein Medikament, das seit 2017 in Deutschland zugelassen ist, und die SMA erstmals behandelbar macht, setzt an der Ursache der Krankheit an. Es steigert im Körper gezielt die Produktion eines bestimmten Proteins und sorgt so dafür, dass die Nerven im Rückenmark wieder Signale an die Muskeln senden können. Es muss regelmäßig mit einer sogenannten Lumbalpunktion zugeführt werden. Dabei wird Nervenwasser aus dem Rückenmark abgeleitet und das Medikament in gleicher Menge in das Rückenmark gespritzt. Laut dem „Deutschen Ärzteblatt“, das sich wiederum auf zwei Studien beruft, kann diese Therapie den Verlust der Bewegungsfähigkeit verlangsamen oder aufhalten und damit das Sterberisiko der Patienten senken. Seit einigen Monaten gibt es zudem eine Gentherapie, bei der ein Gen mit einer einmalig verabreichten Injektion in die Blutbahn des Patienten gespritzt wird, um die Aufgaben des fehlerhaften Gens im Körper zu übernehmen. Diese Therapie gilt mit Kosten von 2,1 Millionen US-Dollar als teuerstes Medikament der Welt.

Grundsätzlich gilt: Da die spinale Muskelatrophie unbehandelt rasch voranschreitet, ist es wichtig, die Krankheit früh festzustellen und eine schnelle Therapie einzuleiten.

Dr. Julia Egleder