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Gefahr durch Knopfzellen
Dr. med. Till Dresbach, Oberarzt der Klinik für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin im Eltern-Kind-Zentrum (ELKI) in Bonn, erklärt, warum beim Verschlucken der winzigen Lithium-Knopfzellen jede Minute zählt.
SIND SICH ELTERN ODER BETREUENDE PERSONEN DER POTENZIELLEN GEFAHR VON KNOPFZELLEN BEWUSST, DIE IN KINDERHÄNDE GELANGEN?
Wir sehen immer wieder, dass sich Eltern leider der Gefahren von Knopfzellen nicht bewusst sind. Die Problematik liegt vor allem darin, dass diese Knopfbatterien in Geräten oft nicht gut gesichert sind. Das Batteriefach muss unbedingt mit einer kleinen Schraube verschlossen sein. Viele Dinge im Haushalt wie Fernbedienungen, Uhren, Taschenrechner oder LED-Teelichter enthalten – nicht geschützte – Knopfzellen. Kinder kommen dann relativ einfach an diese heran und es kann zu teilweise lebensbedrohlichen Notfällen kommen.
WELCHE GESUNDHEITLICHEN RISIKEN BESTEHEN FÜR KLEIN- KINDER, WENN SIE EINE KNOPF- ZELLE VERSCHLUCKEN?
Diese Standardknopfzellen mit einem zwei Zentimeter großen Durchmesser bleiben häufig in der Speiseröhre stecken, was lebensbedrohliche Folgen haben kann. In relativ kurzer Zeit, innerhalb von zwei Stunden, kann es schon zu schwersten Verätzungen der Schleimhaut und einer extremen Schädigung kommen. Und das macht die Sache so brisant.
WELCHE MASSNAHMEN SOLLTEN ELTERN ODER BE- TREUENDE ERGREIFEN, WENN SIE FESTSTELLEN, DASS EIN KLEINKIND EINE KNOPFZELLE VERSCHLUCKT HAT?
Es ist wichtig zu wissen, dass das keine Bagatelle ist, sondern ein akuter medizinischer Notfall, der sofortiger Handlung bedarf. Auch wenn nur der Verdacht besteht, dass das Kind eine Knopfzellenbatterie verschluckt hat, muss es sofort in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Eine Verlegung muss zwingend in eine Klinik mit 24-Stunden-Endoskopiebereitschaft für Kinder erfolgen, da ansonsten die Entfernung der Knopfzelle nur verzögert erfolgen kann.
ES IST ALSO WICHTIG, DASS DAS VERSCHLUCKEN VON KNOPFZELLEN BEI KLEINKIN- DERN SO FRÜH WIE MÖGLICH ERKANNT WIRD?
Das Tückische ist, dass Eltern es am Anfang oft gar nicht bemerken können, denn Kinder zeigen nicht immer Symptome. Das heißt aber nicht, dass es zu keiner Schädigung kommt. Also bei Verdacht sofort sicherheitshalber im Krankenhaus ein Röntgenbild machen. Steckt die Batterie in der Speiseröhre, ist das die größte Gefahr. Das Kind bekommt eine Narkose, mit einer kleinen Kamera wird die Knopfzelle lokalisiert und dann mit einem speziellen Körbchen oder einer Zange entfernt.
WELCHE SINNVOLLEN MASS- NAHMEN KÖNNEN DAS RISIKO DES VERSCHLUCKENS VON KNOPFZELLEN BEI KLEINKIN- DERN MINIMIEREN?
Man kann im Alltag nicht ohne Knopfbat- terien leben. Das Wichtigste ist deshalb die Aufklärung der Eltern, damit sie um die Gefahr wissen. Eine einfache Maßnahme ist beispielsweise, ausgetauschte alte Knopfzellen nicht liegenzulassen, sondern sie dick mit Tesafilm einzuwickeln, da- mit es schwieriger ist, sie zu schlucken. Selbst wenn diese entladen sind, können sie noch zu einer Schädigung führen.
Außerdem sollte nur sicheres Spielzeug gekauft werden – in Europa ist es vor- geschrieben, dass das Batteriefach mit einer Schraube versehen ist, so dass das Kind nicht herankommt. Aber bei allem, was nicht als Spielzeug deklariert ist, wie beispielsweise LED-Teelichter – mit lediglich einer kleinen Platte über dem Batteriefach – gibt es keine speziellen Vorschriften zur Sicherung.
Die Verpackungen sind meistens ganz gut, weil Kinder sie schwer aufbekom- men. Aber eine der wichtigsten Maßnahmen wäre ein entsprechend großer Warnhinweis auf Batterieverpackungen, der Eltern auf die Gefahr aufmerksam macht. Dann ist es sinnvoll, die Batterien mit einem Bitterstoff zu überziehen, so dass die Kinder sie nicht gern in den Mund nehmen. Auch ein Farbstoff, der bei Kontakt die Zunge blau färbt, kann Eltern rechtzeitig warnen. Das wird auch beides schon gemacht und es sind zu- sätzliche Sicherheitsvorkehrungen, die auf jeden Fall zu begrüßen sind.
Sabine Clever